Heute mal keine Anwenderfrage, sondern etwas in eigener Sache: Ein Erfahrungsbericht über die Selbstmontage und Genehmigung einer kleinen Photovoltaikanlage. Von der Fertigstellung bis zur Freigabe der Anlage dauerte es 240 Tage, weil das Hintergrundwissen über relevante Verordnungen fehlte.
2022
Juni 2022 – Idee und Bestellung
Ein Softwarebüro benötigt Strom für Computer, Beleuchtung und vieles andere. Jetzt ist noch eine Wärmepumpe bzw. Klimaanlage bestellt und der Strombedarf wird sicherlich steigen. Den Wunsch nach einer Photovoltaikanlage habe ich schon seit Jahren, das Dach ist aber nur bedingt geeignet. Bei tief stehender Sonne wird die Fläche von Bäumen beschatten, optimale Verhältnisse gibt es nur im Sommer.
Die Luft-Luft-Wärmepumpe dient als Backup für die bestehende Gasheizung, im Sommer 2022 wird eine zuverlässige Gasversorgung für den kommenden Winter ja bezweifelt. Bei den derzeit heißen Temperaturen steht aber auch fest, dass die neue Anlage im Sommer zur Kühlung verwendet wird. Und hier setzt meine Idee an: Zumindest der Mehrverbrauch für eine Klimaanlage im Hochsommer soll von einer eigenen Photovoltaik erzeugt werden. Wenn Kühlung nötig ist, haben wir gleichzeitig viel Sonne und die Verhältnisse für den Solarstrom sind günstig. Und in der restlichen Zeit kann noch etwas vom Grundverbrauch eingespart werden. Es ist also an der Zeit, es zumindest auszuprobieren.
Nach einiger Recherche wird klar, eine große Anlage wird uns derzeit niemand montieren, alle Auftragsbücher sind voll. Wir haben aber einen Lieferanten gefunden, der sofort ein s. g. Balkonkraftwerk mit 975 Watt Peak-Leistung liefern kann und ich traue uns zu, die drei Panels selbst aufs Dach zu bringen. Am 23. Juni bestellt, am 26. verschickt und am 1. Juli angekommen.
Juli 2022 – Montage
Die Panels wurden sofort ausgepackt und ins Büro gestellt, damit die Aufschieberei erst gar nicht beginnt. Die Montage hat zwei Tage gebraucht und am Freitag, den 5. Juli waren die Panels bereits befestigt und die Gleichstromkabel verlegt. Zum Glück ist unser Nachbar Günter ein erfahrener Dachdecker.
Die Suche nach einem Elektriker ist schon etwas schwieriger. Die Anlage dürfen wir nicht einfach selbst in Betrieb nehmen. Bei einem Anruf hatte ich Glück, er sagte „Softwarebüro? Das kenne ich doch, ich bin doch am Montag bei Ihnen, um die Klimaanlage anzuschließen“. Er wurde bereits von unserem Heizungsbauer beauftragt und macht die Photovoltaik dann gleich mit.
11. Juli 2022 – Registrierung
Ich habe uns als Anlagenbetreiber im Marktstammdatenregister (MaStR) der Bundesnetzagentur angemeldet.
25. Juli 2022 – Elektroinstallation
Die Wärmepumpe wurde heute montiert und auch die Photovoltaikanlage angeschlossen. In Betrieb nehmen dürfen wir sie aber noch nicht.
26. Juli 2022 – Registrierung
Der Elektriker hat die Anlage beim Netzbetreiber angemeldet und wir erhalten eine Bestätigung von E.DIS Netz, dass der Vorgang bearbeitet wird.
August 2022 – Rückfrage
Ein Anruf beim Netzbetreiber ergibt, dass noch Unterlagen fehlen. Ich habe den Elektriker darum gebeten, weil nur er die in dem für Installateure vorgesehenen Portal hinterlegen kann.
2. September 2022 – Es fehlt noch etwas
Ich habe noch einmal beim Netzbetreiber angerufen. Es fehlen noch Dokumente und ich muss die Anlage im Marktstammdatenregister melden. Der Elektriker hat die fehlenden Dokumente bzw. Formulare aber noch nicht erhalten. Das ist jetzt irgendwie schwierig für mich, weil ich es nicht selbst machen kann und auf zwei andere Parteien angewiesen bin. Zumindest habe ich die Vorgangsnummer des Netzbetreibers erhalten.
Die Anlage habe ich noch beim Marktstammdatenregister eingetragen und die Bestätigung weitergereicht.
2023
10. Januar 2023 – Es fehlt noch etwas
E.DIS schreibt, „dass Ihre Anmeldung zum Anschluss einer Erzeugungsanlage wegen fehlender Unterlagen derzeit nicht weiterbearbeitet werden kann. Bitte senden Sie uns einen aktuellen Lageplan“.
Ok, ein „Lageplan im baurechtlich üblichen Maßstab mit Grundstücksgrenzen und Aufstellungsort der geplanten Anlage mit kenntlicher Lage von Straßen (keine Google-Maps-Auszüge o. ä.)“. Nicht so einfach, weil ich keinen digitalen Plan habe. Am 19. Januar habe ich es aber geschafft und den Plan gemailt. Ich hoffe, dass er die Anforderungen erfüllt.
23. Februar 2023 – Es fehlt noch vieles
Ich freue mich über die Mail „E.DIS Anmeldung Erzeugungsanlage“ etwas zu früh. Es klingt erst so, es ist aber doch noch nicht geschafft. Es liegen einige Dokumente bei, unter anderem die „Checkliste für die Anmeldung von Erzeugungsanlagen und Speichern“ mit den noch einzureichenden Dokumenten:
- Lageplan im baurechtlich üblichen Maßstab mit Grundstücksgrenzen und Aufstellungsort der geplanten Anlage mit kenntlicher Lage von Straßen (keine Google-Maps-Auszüge o. ä.)
Dann wurde mein Plan wohl doch nicht akzeptiert. - Übersichtsschaltplan mit Aufbau der Messung und Zuordnung der Module und Wechselrichter für jedes einzelne Gebäude
- Bestätigung der Registrierung im Marktstammdatenregister gemäß § 5 Absatz 1 Marktstammdatenverordnung
- Erklärung „Unternehmen in Schwierigkeiten“ (Anlage)
Wieso das? - Inbetriebsetzungsprotokoll (Anlage)
27. Februar 2023 – Inbetriebsetzungsunterlagen
Eine Nachricht von E.DIS „wir haben die Inbetriebsetzungsunterlagen von Ihrem Installateur erhalten und veranlassen nun die Montage der Messeinrichtung“.
In der beiliegenden Checkliste für noch einzureichende Unterlagen ist der Übersichtsschaltplan jetzt nicht mehr markiert. Das ist schonmal gut.
14. März 2023 – Die moderne Messeinrichtung
Der neue Zweirichtungsstromzähler – die moderne Messeinrichtung (mME) – wurde heute montiert. Dieser misst beide Richtungen, also verbrauchten und eingespeisten Strom und ist Voraussetzung für eine korrekte Abrechnung.
15. März 2023 – Ist das wirklich nötig?
Ein Formular „Erklärung Unternehmen in Schwierigkeiten“ muss noch schnell abgegeben werden, auch wenn wir nicht in Schwierigkeiten sind. Ich soll überall „nein“ ankreuzen. Auf diesem Formular ist zweimal in roter Schrift hervorgehoben, dass die Erklärung vor der Inbetriebnahme abzugeben ist, das Datum auf der Erklärung muss vor dem EEG-Inbetriebnahmedatum liegen. Also schnell erklärt, dass wir kein Unternehmen in Schwierigkeiten sind und abgeschickt.
16. März 2023 – Inbetriebssetzungsprotokoll
In einem Hotline-Telefonat mit unserem Kunden dhb Solar (hier noch einmal vielen Dank) habe ich das Thema angesprochen und man konnte mir das Inbetriebssetzungsprotokoll erklären.
17. März 2023 – Gedrosselt hätte weniger Bürokratie
Wegen offener Punkte im Inbetriebssetzungsprotokoll habe ich eine Mail an unseren PV-Lieferanten solar-pac geschrieben und wurde schnell zurückgerufen. Man hat mir die fehlenden technischen Daten geschickt, herzlichen Dank für die Unterstützung. In dem Gespräch wurde auch klar, dass eine Anlage über 600 Wp nicht mehr als s. g. Balkonanlage gilt und bürokratisch wie jede andere Anlage bis 30 kWp behandelt wird.
Tipp: So kleine Anlagen im Wechselrichter auf 600 Watt begrenzen, um den Anmeldevorgang deutlich zu vereinfachen. Auch die 3 Panels mit 975 Watt Peak leisten ja selten über 600 Watt und es geht nicht wirklich viel verloren.
22. März 2023 – Die Inbetriebsetzung
Wir haben heute die Anlage in Betrieb genommen und sie darf endlich Strom produzieren. Heute, also 8 Monate und 17 Tage nach der Montage bzw. 7 Monate und 25 Tage nachdem der vorgeschriebene Elektriker die Verkabelung fertiggestellt hat.
24. März 2023 – Fertig
Die Anlage ist im Markstammregister mit dem Betriebsstatus „In Betrieb“ und dem Systemstatus „Aktiviert“ registriert.
Die letzten Unterlagen wurden an den Netzbetreiber gemailt. Jetzt hoffe ich, dass der Bürokratie genüge getan ist.
24. November 2023 – Datenkorrektur
E-Mail vom Marktstammdatenregister mit der „Aufforderung zur Datenkorrektur für die Einheit […]“
Guten Tag, die Daten, die Sie für die im Betreff genannte Einheit im MaStR registriert haben, wurden von Ihrem zuständigen Anschlussnetzbetreiber geprüft. Dabei hat Ihr Anschlussnetzbetreiber Abweichungen zu den ihm vorliegenden Daten festgestellt und im MaStR einen Korrekturvorschlag für diese Daten erstellt. Prüfen Sie innerhalb einer Frist von vier Wochen, ob Sie diesem Korrekturvorschlag zustimmen oder widersprechen möchten.
Es geht um den Punkt Errichtungsort der Solaranlage, den ich anfangs im MaStR als „Steckerfertige Solaranlage (sog. Balkonkraftwerk)“ angegeben hatte. Es hat sich ja im Nachhinein bei der Kommunikation mit dem Netzbetreiber gezeigt, dass eine Anlage mit 975 Wp (größer 600 Watt Peak) als vollwertige Photovoltaikanlage eingestuft wird. Der Netzbetreiber hat den Errichtungsort korrekt als „Bauliche Anlagen (Hausdach, Gebäude und Fassade)“ an das MaStR gemeldet und die haben diese Abweichung festgestellt. Ich musste nur online den Korrekturvorschlag von E.DIS Netz bestätigen und am 26.11.2023 kam das endgültige OK vom Markstammdatenregister.
2024
Tipp zu den Abschlagszahlungen
Die Buchhaltung hat sich über eingehende Zahlungen von E.DIS Netz gewundert, seit April 2023 wurden jeden Monat 3 EUR überwiesen. Das sind Abschlagszahlungen für die erwarteten Einspeisungen – wir als Photovoltaikbetreiber bekommen 8,2 Eurocent Einspeisevergütungen für jede ins Netz gelieferte Kilowattstunde. Diese geringen Beträge sind aber irrelevant und verursachen einen unangemessenen Buchungsaufwand. Da der erzeugte Strom fast ausschließlich selbst verbraucht wird, müssen die Abschläge später auch zurückgezahlt und erneut gebucht werden.
Den Abschlag kann man selbst online im E.DIS-Portal auf 0,- herabsetzen. Wenn Sie als Privatperson eine Anlage betreiben, dann ist das eher egal. Für uns als Firma ist es buchhalterisch aber mit Aufwand verbunden.
Zeit für eine Auswertung
Was hat die kleine Anlage mit drei Photovoltaik-Panels und einer maximalen Leistung von 0,975 kW an Strom produziert? Der Aufstellungsort ist nicht optimal, morgens und abends, sowie im Winter teilbeschattet. Die 45° Dachschräge und die Südausrichtung sind aber sehr gut.
Monat | Ertrag |
---|---|
April 2023 | 70 kWh |
Mai 2023 | 127 kWh |
Juni 2023 | 107 kWh |
Juli 2023 | 103 kWh |
August 2023 | 80 kWh |
September 2023 | 52 kWh |
Oktober 2023 | 14 kWh |
November 2023 | 7 kWh |
Dezember 2023 | 5 kWh |
Januar 2024 | 8 kWh |
Februar 2024 | 16 kWh |
März 2024 | 55 kWh |
Vom 23. März bis zum Jahresende 2023 wurden 88 kWh in das öffentliche Stromnetz eingespeist und mit netto 7,22 EUR vergütet. Die 565 kWh Eigenverbrauch lohnen sich da schon eher.
Fazit
Eine Kleinanlage mit knapp 1 kW Nennleistung wird einfacher als Balkonkraftwerk angemeldet. Hierzu muss der Wechselrichter auf 600 Watt (zukünftig vermutlich 800 Watt) gedrosselt werden.
Meine Idee, den Zusatzverbrauch der neuen Klimaanlage im Hochsommer mit selbst erzeugtem Strom zu decken, ist ganz gut aufgegangen. An den heißen Tagen kommen gut 800 Watt vom Dach. Wir müssen aber darauf achten, bereits am Mittag zu kühlen. Sonst heizen sich die Räume am Nachmittag auf, wenn nicht mehr so viel Strom produziert wird.
Eine eigene Photovoltaikanlage zu betreiben macht Spaß und spart Energie. Zum Einen ist das natürlich der selbst erzeugte Strom. Viel wichtiger ist aber die neue Sichtweise auf den Verbrauch: Zum Beispiel dieses NAS, welches wir für Testzwecke benötigen, verbraucht so viel, wie unsere Kleinanlage an Wintertagen produziert. Muss das Gerät wirklich durchgehend laufen? Nein, die 30 Watt Dauerleistung können wir sparen. Es haben sich einige Geräte gefunden, die jetzt nur noch bei Bedarf eingeschaltet werden.
Ja, ich die Falle bin ich auch getappt. Es ging aber schneller, weil mein Elektriker schon öfter eine Soloranlage angemeldet hat und einige Tipps für mich hatte.
Habt ihr den Saharastaub im April auch bemerkt, hat die PV weniger produziert? Siehe https://www.youtube.com/watch?v=fWZhUi8yCgY
Im April 2023 hat die kleine PV 70 KWh und im April 2024 mit 77 KWh sogar etwas mehr produziert.
Heute habe ich auch den Staub (vermutlich nicht nur aus der Sahara, sondern auch von den Blüten) und einige kleine Blätter auf den Panels gesehen. Am frühen Nachmittag produzierte die Anlage 700 Watt. Nach einer kurzen Reinigung mit dem Wasserschlauch hat sich das sofort auf 740 erhöht.